Vier Monate sind nun seit dem Abschluss des Studiums an der Polizeiakademie vergangen. Ich versehe Dienst im Einsatz- und Streifendienst der Polizeiinspektion Garbsen. Bereits seit den frühen Morgenstunden führen wir zahlreiche Verkehrskontrollen durch, als wir auf einen mit mehreren Personen besetzten Pkw aufmerksam werden. Der Führer des Fahrzeugs ist nicht angeschnallt. Auf der Rückbank befinden sich offensichtlich mehr als drei Personen. Bei der sich anschließenden Kontrolle stellt sich heraus, dass es sich bei den Personen im Fahrzeug um rumänische Staatsbürger handelt, die sich nach eigenen Angaben zur Verrichtung von Handwerksarbeiten vorrübergehend in Deutschland aufhalten. Neben der Ahndung der Ordnungswidrigkeit stehen diverse weitere Maßnahmen an. Insbesondere kommt auch die Vorschrift aus § 12 VI Nds.SOG, die eine umfassende Kontrolle zur Verhütung von Straftaten mit internationalem Bezug ermöglicht, zur Anwendung.

Die Nutzung der rechtlichen Möglichkeiten zahlt sich an dieser Stelle aus: Eine Überprüfung der Personen, die ausnahmslos polizeiliche Erkenntnisse vorweisen, liefert einen Trefferfall im Schengener Informationssystem (kurz: SIS). Die Person wurde vor gerade einmal zwei Tagen durch die Bundesrepublik Österreich zur Fahndung und Festnahme zwecks Auslieferung ausgeschrieben.

Sodann wird die Person durch uns festgenommen und zur Dienststelle verbracht. Dort werden die nationale Zentralstelle für das Schengener Informationssystem, die sogenannte SIRENE Deutschland, sowie das LKA Niedersachsen über die Festnahme unterrichtet. Diese veranlassen die erforderliche Unterrichtung der Staatsanwaltschaft am Oberlandesgericht (GStA), sowie die Mitteilung an die österreichischen Behörden. Wir erfahren, dass der Festgenommene dringend verdächtig ist, in Österreich zwei Einbruchdiebstähle in Wohnhäuser, bei denen unter anderem Wertgegenstände wie Schmuck und Uhren, sowie 17.000 Euro Bargeld entwendet wurden, begangen zu haben. Ihn erwartet nach österreichischem Recht eine Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren. Durch uns wird der Festgenommene daraufhin dem Haftrichter am örtlich zuständigen Amtsgericht zur Verkündung des Haftbefehls vorgeführt. Bis zur endgültigen Entscheidung des OLG über die Auslieferung verbleibt der Festgenommene in der Justizvollzugsanstalt Hannover.

Abschließend lässt sich sagen, dass sich die erste praktische Begegnung mit internationaler Rechtshilfe in Strafsachen auf der Grundlage des theoretischen Unterrichts an der Polizeiakademie Niedersachsen

und des Erfahrungswissens der Kollegen ohne Schwierigkeiten bewältigen ließ. Ich hätte nicht gedacht, dass die theoretischen Inhalte aus Modul 14, insbesondere die rechtlichen Grundlagen, so schnell praxisrelevant werden.

 

von Jan-Henrik Rose, Polizeikommissar

 

Fotos: privat

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