Der 30. September 2022 – der Tag an dem die drei Jahre Studium an der Polizeiakademie Niedersachsen offiziell ein Ende gefunden haben. Nachdem die feierliche Ernennung in der Swiss Life Hall beendet war, hieß es für mich, PKin Louisa Guntermann, vorerst Abschied nehmen von meinen Freunden und meiner Familie und Koffer packen für die nächste spannende Reise.  
Gemeinsam mit meiner Kollegin, Sina Kohnen, machte ich mich am nächsten Tag auf dem Weg in die Hauptstadt Belgiens. Nach sieben Stunden Autofahrt sind wir an unserem Ziel in Brüssel angekommen. Nachdem wir kurz unser Airbnb bezogen haben, ging es direkt zu unseren zwei Ansprechpersonen der belgischen Polizei. Hier haben wir unseren Plan für die darauffolgenden zwei Monate erhalten.
Zunächst habe ich gemeinsam mit Sina eine Woche bei der „Formation“ verbracht. Hierbei handelt es sich um den Bereich der Aus- und Fortbildung. Gemeinsam mit den belgischen Kolleginnen und Kollegen habe ich an verschiedenen Trainings teilgenommen. Neben Erster Hilfe, Abwehr- und Zugriffstechniken, Kontrollieren von Fahrzeugen und Schießen, habe ich an einem zweitägigen Kurs in TECC -Tactical Emergency Casualty Care – teilgenommen. Ziel der taktischen Ersten Hilfe ist es, die Polizeibeamtinnen und -beamten für extreme Einsatzlagen wie Amok, Bedrohungslagen oder Terroranschläge zu schulen. Es wird unter anderem vermittelt, wie ein sogenannter „Self Check“ durchzuführen ist, ohne sein Gegenüber und seine Einsatzfähigkeit aus den Augen zu verlieren. Außerdem wird die spezielle Wundversorgung mittels Tourniquet, Israeli Bandage, Mullbinde und Chest Seals trainiert.
Anschließend ging es für zwei Wochen zu der Bereitschaftspolizei von Brüssel, genannt „INT“. Hier durfte ich verschiedene „Peletons“ begleiten. Hauptaufgabe von INT ist die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung sowie der Schutz von Demonstrationen und größeren Veranstaltungen. Da Brüssel nicht nur die Hauptstadt Belgiens ist, sondern zeitgleich auch die „Hauptstadt Europas“, gibt es ein sehr hohes Aufkommen von Demonstrationen. Jährlich kommt Brüssel auf eine Zahl insgesamt rund 800 bis 1000 Versammlungen. Neben vielen kleineren Versammlungen konnte ich an der Klimademo im Oktober teilnehmen, bei welcher rund 25.000 Demonstrierende vor Ort waren. Außerdem fand noch ein EU-Gipfel während meines Aufenthalts statt. Hierbei sichert INT vor allem den Bereich rund um das Europaviertel weiträumig ab.

Danach ging es für rund vier Wochen zu der Einheit „Intervention“, welche mit dem deutschen Einsatz- und Streifendienst vergleichbar ist. Da es in Belgien allerdings einen eigenen Bereich für Verkehr gibt, fallen die Verkehrsunfallaufnahme und das Kontrollieren und Ahnden von Verkehrsordnungswidrigkeiten nicht in den Zuständigkeitsbereich der Intervention Teams. Interessant war hierbei, dass während jeder Nachtschicht eine Streifenbesatzung ausgewählt wird, die sich hauptsächlich um Ruhestörungen kümmert.
Ein großer Unterschied zu der deutschen Polizei ist, dass jedes Streifenteam mit einem dienstlichen Handy ausgestattet ist. Auf diesem Smartphone befindet sich die polizeiinterne App „Focus“, mit welcher unter anderem sämtliche Abfragen getätigt werden können. Zudem wird jeder Einsatz, der in der Leitstelle angenommen wird, automatisch in die App eingetragen und es können Informationen wie Einsatzort, Sachverhalt, Meldender und die eingesetzten Beamten eingesehen werden.
Zwischendurch gab es immer mal wieder eintägige Hospitationen bei spezielleren Einheiten, wie der Spezialeinheit „POSA“, dem Kriminallabor, der Nachbarschaftspolizei und der Hundestaffel.

Während meines Aufenthalts hatte ich eine gute Mischung aus „Dienst“ und Freizeit, sodass ich neben Brüssel auch andere Städte wie Gent, Löwen und Brügge erkunden konnte. Brüssel bietet für Touristen diverse Attraktionen, beispielsweise den königlichen Palast, das Atomium, Manneken Pis und das Europaviertel. Um sich entsprechend von den touristischen Pflichten zu erholen, gibt es an jeder Ecke Waffeln, Pommes und Bier zu finden.
Durch das Erasmus+ Praktikum hatte ich die einmalige Möglichkeit einen Einblick in die Arbeit der belgischen Polizei zu erhalten und viele nette Kolleginnen und Kollegen kennenzulernen. Die belgischen Beamtinnen und Beamten waren sehr interessiert an der deutschen Polizei und unserem Austauschprogramm. Alle haben probiert, mir eine möglichst schöne und abwechslungsreiche Zeit zu ermöglichen und ich wurde überall sehr herzlich empfangen. Ich bin froh und dankbar, diese Chance bekommen zu haben und möchte mich hiermit auch recht herzlich für Ihre Förderung bedanken.

(Luisa Guntermann)

(Luisa Guntermann)

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