Bereits seit vielen Jahren ist die internationale Staatengemeinschaft im Rahmen der Mission der Vereinten Nationen „MINUSMA“ sowie der Mission der Europäischen Union „EUCAP Sahel – Mali“ bemüht, den Friedensprozess in Mali – dem zentralen Staat der Sahelzone – zu fördern, das Land zu stabilisieren und leistungsfähige Strukturen aufzubauen. Kriegerische Auseinandersetzungen unterschiedlicher Stammesstrukturen, Separationsversuche hin zu einem Staat der Tuareg und die starke Präsenz islamistischer Terrororganisationen wie Ansar Dine, Al Kaida und zunehmend auch des IS prägen die Situation. Darüber hinaus ist Mali in weiten Bereichen durch Clan – Kriminalität belastet und Durchgangsland für organisierten internationalen Waffen-, Menschen- und Drogenhandel, auch in Richtung Europa. Große Teile der afrikanischen Migrationsströme durchqueren das Land unkontrolliert und ungehindert auf dem Weg zur sog. „Mittelmeerroute“. Der Staat Mali selbst – zweitärmstes Land Afrikas und durch große Armut, Arbeitslosigkeit und fehlende Perspektiven für die eigene Jugend (Durchschnittsalter der Bevölkerung 15,2 Jahre) geprägt – ist derzeit aus eigener Kraft nicht in der Lage, diesen Herausforderungen auch nur im Ansatz zu begegnen. Geschwächte oder weiter zerfallende staatliche Strukturen in Mali und in der Sahelzone insgesamt haben insofern in diesem Kontext unmittelbare Folgen auch für die Lage und die Sicherheit in Europa.

Neben einem militärischen Engagement zur Sicherung eines fragilen und in großen Teilen des Landes immer wieder brüchigen Friedens und zur Ausbildung und Stärkung der malischen Streitkräfte durch die Blauhelm – Truppen geht es parallel insbesondere darum, rechtsstaatliche Strukturen zu schaffen bzw. auszubauen.

Mit großem Aufwand wird deshalb auch versucht, die malischen Polizeien zu befähigen, den aktuellen Herausforderungen ein Stück weit mehr auf Augenhöhe begegnen zu können. Wie die meisten frankofonen Staaten verfügt auch Mali über eine dreizügige Polizei. Während Gendarmerie und Nationalgarde dem Verteidigungsministerium unterstehen, ist die Police Nationale dem Minister für Inneres und Zivilschutz nachgeordnet und von der Struktur und den Aufgaben her mit einer hiesigen Landespolizei vergleichbar.

Während derzeit im Schwerpunkt die Ausstattung und Ausrüstung sowie besonders auch die Fortbildung der Bestandspolizeikräfte der drei Polizeien im Focus stehen, gibt es bei der Ausbildung der Polizeinachwuchskräfte insbesondere der Police Nationale deutliche Defizite. Nachdem jahrelang das Personal vernachlässigt und Nachwuchs für die Police National gar nicht eingestellt wurde, wird derzeit in einem mittelfristigen Projekt versucht, die Stärke der Police Nationale von im Moment ca. 7.000 auf 20.000 zu erhöhen. Damit soll diese Polizei – die schlecht ausgebildet derzeit fast ausschließlich in der Hauptstadt Bamako präsent ist – befähigt werden, zukünftig landesweit zum Einsatz zu kommen. In einem Auswahlverfahren mit über 40.000 Bewerberinnen und Bewerbern wurden Mitte 2016 in einer ersten Rate 2.000 neue Unteroffiziersanwärterinnen und -anwärter rekrutiert, die durch die Polizeischule der Police Nationale zu einer rechtsstaatlich geprägten, bürgerorientierten und vom Vertrauen der Bevölkerung getragenen Polizei ausgebildet werden sollen. Gewaltige Herausforderungen also, auf die die Polizeischule weder logistisch noch inhaltlich ausreichend vorbereitet war.

Im Rahmen einer Delegations- und Besuchsreise u.a. der in Mali eingesetzten deutschen Polizeikräfte im November 2016 konnten sich der im niedersächsischen Innenministerium für Internationale Polizeieinsätze zuständige Unterzeichner, Ltd. PD Henning Dreyer, sowie auch Landespolizeidirektor Knut Lindenau eindrucksvoll ein eigenes Bild von der derzeitigen Situation machen. Unter anderem wurde auch die „École de la Police Nationale“ in Bamako besucht.

In Gesprächen mit der Leitung der dortigen Polizeischule und ministeriellen Vertretern wurde nochmals eindrücklich klar, wie dringend notwendig der personelle Ausbau der Police Nationale ist und wie groß gleichzeitig die Unsicherheiten im Aufbau und in der Ausgestaltung der Polizeiausbildung sind. Während logistische Notwendigkeiten (Unterkünfte, Schulungsräume, Versorgung usw.) im Wege umfangreicher Baumaßnahmen mit japanischem Geld bereits in der Lösung waren, äußerte die Schulleitung dringend den Wunsch nach einer fachlichen Kooperation und unterstützenden Zusammenarbeit, bevorzugt mit einer deutschen polizeilichen Bildungseinrichtung.

Zurück gekehrt nach Deutschland wurde das Thema mit dem niedersächsischen Innenminister Boris Pistorius erörtert. Der Minister entschied, die Bemühungen der internationalen Staatengemeinschaft im Rahmen der Missionen um einen eigenen, bilateralen niedersächsischen Beitrag in Mali zu ergänzen und gab der Kooperation „grünes Licht“.

Danach ging alles ganz schnell. Die Leitung der Polizeiakademie signalisierte Bereitschaft, sich dieser Aufgabe stellen zu wollen. Minister Pistorius kündigte im Rahmen einer Pressekonferenz des Ministeriums zum Thema „Niedersächsisches Polizeiengagement im Rahmen Internationaler Polizeimissionen“ am 13.02.2017 die Absicht einer bilateralen Kooperation der Polizeiakademie mit der „École de la Police Nationale“ an.

Im Rahmen eines weiteren Arbeitsbesuches in Begleitung der Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, Edelgard Buhlman sowie des Mitgliedes des Bundestages Susanne Mittag (beide Damen vertreten Niedersachsen im Deutschen Bundestag) bereiste der Unterzeichner Mali in der Zeit vom 19. bis 23.02.2017 erneut. Angelegentlich eines offiziellen Termins konnte durch mich dabei am 20.02.2017 dem malischen Minister für Inneres und Zivilschutz, Salif Traoré, namens und im Auftrag unseres Ministers ein Schreiben überreicht werden, in dem die Kooperation aus niedersächsischer Sicht bestätigt wurde.

Damit sind die Weichen gestellt, jetzt gilt es inhaltlich zu gestalten. Nun liegt Mali nicht gerade um die Ecke. Hilfreich wird insofern sein, dass mit PD Klaus – Dieter Tietz ein Angehöriger der PA NI seit 15 Monaten im Missionseinsatz in Mali ist, in Bamako Verwendung findet und aus seiner dortigen Tätigkeit im .Arbeitsfeld „Organisierte und Schwerkriminalität, Terrorismus“ bereits beste Kontakte zu den Leitungskräften auch der Polizeischule der Police Nationale hat. Als Ansprechpartner und Schnittstelle vor Ort wird PD Tietz, der noch bis Ende 2017 in Mali tätig ist, sehr zur Erleichterung und Vereinfachung der partnerschaftlichen Zusammenarbeit beitragen können und vor Ort daran arbeiten, Handlungsfelder einer konkreten Zusammenarbeit und Unterstützung auszuloten.

Ein erster Arbeitsbesuch einer malischen Delegation der École de la Police Nationale in Niedersachsen befindet sich derzeit in Planung und wird durch POR Dulias an der Polizeiakademie vorbereitet.

 

Henning Dreyer, Nds. MI

 

Der Verfasser:

Ltd. PD Henning Dreyer ist seit 2010 stellvertretender Referatsleiter 25, Personal der Polizei, im Niedersächsischen Ministerium für Inneres und Sport und verantwortet den Arbeitsbereich „Personalmanagement der Landespolizei“.

Er vertritt Niedersachsen seit 7 Jahren als Mitglied in der Bund/Länder – Arbeitsgruppe „Internationale Polizeimissionen“, die das Gesamtthema im Auftrag der Innenministerkonferenz betreut.

Mitglied im Förderverein der (heutigen) Polizeiakademie ist Ltd. PD Dreyer seit 10.09.1993 .

 

 

Bildunterschriften:

  1. Minister Pistorius kündigt im Rahmen der PK am 13.02. den Medien die Kooperation an.

 

  1. PD Henning Dreyer überreicht Minister Traoré Kooperation und Gastgeschenk.

 

  1. Niedersachsen in Mali: Ltd. PD Dreyer, BT – Vizepräsidentin Buhlman, PD Tietz, MdB Mittag

 

  1. Polizeirekruten der EPN beim Appell
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