Die Rechtsmaterie des BtMG ist Bestandteil des Bachelorstudienganges an der PA und dem Modul 8 im zweiten Studienjahr zugeordnet

Zum Autor:

PK Tim Kollakowski

Absolvent des Bachelorstudienjahrgangs BA05/11

Dienststelle: PD Hannover, PK Laatzen – ESD

In den letzten Jahren hat die Entwicklung im Bereich der Vielfalt der Betäubungsmittel in der Bundesrepublik Deutschland stark zugenommen.

Gerade über die osteuropäischen Staaten sind in der nahen Vergangenheit die so genannten „Designer-Drogen“ nach Deutschland gekommen. Dabei handelt es sich um Betäubungsmittel wie „Crystal Meth“ oder „Legal Highs“. Letztere sind zumeist frei verkäuflich und unterliegen nicht den Bestimmungen des Betäubungsmittelgesetzes. Ihre starke Wirkung wird bei den meisten Konsumenten jedoch häufig unterschätzt und endet nicht selten mit schwerwiegenden Verletzungen bis hin zum Tod.

 

Alle Betäubungsmittel haben jedoch eins gemeinsam: In der Vielzahl aller Fälle werden nur die Konsumenten polizeilich festgestellt. In der polizeilichen Praxis wird dann im Rahmen einer vor Ort angebotenen Kurzvernehmung grundsätzlich der Hinweis auf die sogenannte „Kronzeugen-Regelung“ gegeben, die das Betäubungsmittelgesetz in § 31 BtmG vorsieht. Danach kann die Strafe gemildert werden, wenn der Beschuldigte Angaben zum Verkäufer machen kann. Da es sich bei den Beschuldigten meistens um Kleinkriminelle und Abhängige handelt, wird die Vernehmung entweder abgelehnt oder nur der eigene Besitz zugegeben. Angaben zum Verkäufer werden zumeist aus Angst vor den Dealern und den möglichen Konsequenzen nicht gemacht.

 

Ein Blick in die polizeiliche Kriminalstatistik der letzten Jahre zeigt demnach, dass die Aufklärungsquote bei den „Allgemeinen Verstößen gegen des Betäubungs-mittelgesetz“ (Allgemeiner Verstoß bedeutet die Erfüllung des Besitztatbestandes aus § 29 BtmG) unabhängig vom Betäubungsmittel meist bei über 90 % liegt (2014: 97,51 %, 2015: 96,73%). Hier ist zu erwähnen, dass das Feststellen der Straftat die Aufklärung grundsätzlich mit sich bringt. Denn ein Besitz wird grundsätzlich nur angenommen und verfolgt, wenn dies auch eindeutig feststellbar ist. Bei in der Nähe einer Personengruppe aufgefundenen, zumeist weggeworfenen, Betäubungsmitteln ist eine nachträgliche Zuordnung mangels Aussagebereitschaft des Klientels meist nicht möglich.

 

Umso wichtiger ist der Ermittlungsansatz an der Basis. Die Verkäufer wissen genau, dass der Verkauf von Betäubungsmitteln auf Grund seiner starken Suchtgefahr ein lukratives Geschäft darstellt. Und da vor allem Cannabis vom Straßenverkehrswert her ein relativ günstiges Betäubungsmittel darstellt, ist es nur die logische Konsequenz, dass die Verkäufer verstärkt daraus Gewinn erzielen wollen.

Um dies zu verdeutlichen, zeigt ein Blick in die Polizeiliche Kriminalstatistik Niedersachsen, dass Cannabis mit Abstand die am weit verbreitetste Droge ist. Von im Jahr 2007 festgestellten 12.454 Besitztatbeständen (Cannabis) gem. §§ 1,3,4,29 I Nr.3 BtMG ist die Zahl im Jahr 2014 auf 15.737 Fälle gestiegen. Im Jahr 2015 ist die Anzahl der Fälle mit 15.307 minimal gesunken. Zum Vergleich wurden im Jahr 2015 lediglich 1.494 Fälle mit Besitz von Kokain festgestellt. Im Jahr 2015 konnten überdies 2848 Fälle von unerlaubten Handels mit Cannabis festgestellt werden (2014: 2800). Die Aufklärungsquote liegt bei 96,91% (2014: 97,32%).

 

Der dargestellte Ansatz ist sinnvoll. Durch Erhöhung des Kontrolldrucks auf die Konsumenten und die konsequente Verfolgung der Abnehmer sollen die Beschaffungskriminalität der Konsumenten (bspw. durch Diebstahl) gleichermaßen gesenkt werden und Hinweise auf die Verkäufer ermittelt werden.

 

Der vorliegende Fall befasst sich nun mit der rechtlichen Bewertung eines Sachverhaltes, der vom BGH höchstrichterlich abgeurteilt worden ist.

Die handelnden Personen und Orte sind jedoch abgeändert, sodass keine Zuordnung möglich ist.

Im Anhang befindet sich zudem eine Übersicht über eine Vielzahl an Betäubungsmitteln und die vom BGH festgelegten Grenzwerte bezogen auf das Merkmal „geringe Menge“ und „nicht geringe Menge“.

 

Sachverhalt:

 

Der P und der K sind seit Jahren Rauschgiftkonsumenten und Angehörige eines sogenannten Substitutionsprogramms in A-Stadt. Am Morgen des 01.01.2000 nehmen beide Personen wie üblich ihre Dosis Methadon ein.

Am frühen Abend fahren sie im PKW des P in Richtung Niederlande. Der K will dort lediglich ein Kügelchen Haschisch erwerben und danach wieder in Richtung Deutschland fahren. Er geht zu Beginn der Fahrt davon aus, dass der P sich ebenfalls Haschisch für den Eigenbedarf erwerben will. Der K erwirbt in einem Coffee-Shop ein Kügelchen Haschisch. P allerdings, der von Anfang an geplant hat, sich ca. 10 Kilogramm Haschisch zu verschaffen, nimmt Kontakt zu einem Dealer auf. Während der Verhandlungen mit dem Dealer befindet sich das Rauschgift bereits auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in einem Waldstück in Grenznähe vergraben in einer kleinen Tasche. Dass der P in seiner Jackentasche eine zugriffsbereite, scharfe Schusswaffe mitsichführt, weiß der K nicht. Die 10 Kilogramm sind von vorn herein zum Weiterverkauf bestimmt. Nachdem die Verhandlungen beendet sind, fahren beide wieder zurück nach Deutschland. Der P holt die Tasche aus dem Waldstück, während sich die scharfe Schusswaffe die ganze Zeit über in seiner Jackentasche befindet. K bemerkt, dass es sich bei dem Inhalt um eine größere Menge Rauschgift handeln müsse. Von der Waffe hat er weiterhin keine Kenntnis. Nachdem beide auf der Autobahn verunfallen und zu Fuß flüchten, hilft der K beim Tragen der Tasche. Spätestens jetzt ist er sich auf Grund des Gewichts der Tasche sicher, dass es sich um eine erhebliche Menge Rauschgift handeln muss. Er wollte zu diesem Zeitpunkt dem P helfen und nimmt die Tasche bewusst an sich.

Nachdem er jedoch mehrmals stolpert, nimmt der P. die Tasche wieder an sich. Nach ca. drei Kilometern zerreißt die Tasche und die Haschischplatten fallen auf den Boden. Beide sammeln nun gemeinsam die Plättchen wieder auf. Die Tasche und die Waffe lassen sie zurück. Sie werden nach kurzer Zeit von Polizeibeamten gestellt. Die Tasche wird unweit der beiden im Graben aufgefunden.

 

Hinweis: Auf die Verkehrsstraften wird nicht eingegangen.

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