Ein Reisebericht von PKAin Ilka Garbers.

Kathryn Bostock, Detective Senior Sergeant der Criminal Investigation Branch von der Auckland Central Police Station, lud mich auf meine Anfrage hin ein, sie und ihr Team zu besuchen. Als ich die E-Mail mit der Einladung auf dem Dienstrechner öffnete, beschleunigte sich mein Herzschlag immens. Ich würde nicht nur Neuseeland, meine zweite Heimat, wiedersehen, sondern auch die dortige Polizei kennenlernen. Dass ich vor Ort sogar bei Vernehmungen aushelfen durfte, konnte ich zu dem Zeitpunkt noch gar nicht erahnen.

Am 10. April war es dann soweit. Ich stand – sehr aufgeregt – vor dem Tresen der Wache in Auckland und versuchte mit meiner deutschen Aussprache des TH verständlich zu machen, dass ich einen Termin bei KaTHryn Bostock habe und dort erwartet werde. Die Polizistin am T-Posten konnte sich ihr Schmunzeln nicht verkneifen und wir verstanden uns auf Anhieb. Nach nur kurzer Wartezeit holte mich Kathryn mit einem freundlichen Lächeln ab und nahm mich direkt mit zu ihrem Team.

Die Auckland Central Police Station ist in einem 9-stöckigen Haus untergebracht. Unten befindet sich die Wache mit ca. 10 FuStw, die allerdings nicht alle zur selben Zeit im Einsatz sind. Was mir besonders ins Auge fiel: Alle Polizisten trugen SK4 Schutzwesten. Das Attentat von Christchurch war nach wie vor in der polizeilichen Arbeit präsent. In den höheren Stockwerken sind die „Fachkommissariate“ untergebracht. Tatsächlich ist die Unterteilung der Criminal Investigation Branch sehr ähnlich zu unserer Ermittlungsschiene. Die Mitarbeiter müssen allerdings Schichtdienst leisten.

Das Team von Kathryn bestand überwiegend aus jungen männlichen Detectives. Eine weitere Frau, neben Kathryn als Chefin, konnte ich nicht entdecken. Als ich Dan, einen der Detectives, darauf ansprach, schien er verwirrt. Die Frauen arbeiten eher in anderen Bereichen. Sein Team bearbeite die schweren Straftatbestände ( dem FK1 in extrem) und hätte ständig mit Leichen zu tun. Er nahm an, dass diese Tatsache abschreckend wirke. Gleichzeitig gäbe es aber, so Kathryn, ohnehin weniger Frauen bei der Polizei in Neuseeland als bei der niedersächsischen Polizei.

Bei der weiteren Führung durch die Station begrüßten mich alle Kollegen mit großem Interesse und wir scherzten direkt. Ich fühlte mich im Grunde sogar besser aufgenommen als damals während meines Praktikums. Was vielleicht auch daran lag, dass ich in Neuseeland quasi ein Exot war. Jeder wollte wssen, wann ich denn in Neuseeland bei der Polizei meinen Job beginnen würde. Ich konnte nicht anders und behauptete: „Gleich morgen! Und ihr werdet es bereuen!“ Doch begleitet von fröhlichem Lachen trat ich tatsächlich zur Arbeit an – für 2 Stunden.

Zwei deutsche Mädchen kamen zur Wache und meldeten einen sexuellen Übergriff. Ein großer Vorteil für alle, denn ich musste lediglich ein paar Dokumente unterschreiben und schon durfte ich bei der Vernehmung assistieren und sprachlich, aber vor allem seelisch unterstützen. Die Art und der Ablauf der Vernehmung sind genauso, wie wir es gelernt haben. Allerdings hat die Polizeistation Vernehmungsräume. Darunter einige für Beschuldigte mit kompletter Videoüberwachung. Dabei sind die Kameras auch frontal zum Beschuldigten ausgerichtet, um Regungen bei bestimmten Themen später besser analysieren zu können. Die anderen Räume sind für die Vernehmungen von Zeugen.

Am Ende meines kleinen Arbeitstages vertiefte ich mich mit Dan in eine Diskussion über die verschiedenen Ausbildungswege. Er war beeindruckt – ich aber auch! Das System könnte unterschiedlicher nicht sein. Um in Neuseeland Polizist zu werden, erhält man nach dem Aufnahmetest ein 16-wöchiges intensives Training am Royal New Zealand Police College. Danach werden die Rekruten als fertige Polizisten an ihre Stationen übersendet. ABER obwohl sie an sich fertig ausgebildet sind und alle Rechte eines fertigen Polizisten haben, werden sie einem erfahrenen Bärenführer zugeordnet und zwar für ein ganzes Jahr. Erst danach fahren sie auch mit anderen Kollegen raus.

Um Detective zu werden, muss nach der geleisteten Zeit im Streifendienst noch ein Seminar absolviert werden. Danach folgt ein zweijähriges (!) Praktikum mit sehr vielen Fortbildungen. Dann noch eine Abschlussprüfung und das Ermitteln darf beginnen. Nachdem ich Dan von unserem Ausbildungssystem erzählt hatte, wirkten beide davon sehr überzeugt. Dass ich tatsächlich einen Bachelor mache und dafür drei Jahre an einer Akademie studiere, konnten sie kaum glauben. Alles in Allem war es ein sehr spannender Besuch bei der Polizei in Auckland. Es war interessant und bereichernd, Einblicke in das Polizeisystem eines anderen Landes zu bekommen. Und wer weiß, vielleicht bleibe ich beim nächsten Besuch ein bisschen länger.

 

 

 

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