FAST UNBEMERKT – StPO-Reformen 2017

Zum Ende der letzten Legislaturperiode wurde die StPO durch zwei Änderungsgesetze ergänzt. Zunächst trat, vielbeachtet, zum 24.08.2017 das „Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens“ in Kraft.[1] Das lediglich ein paar Tage später zum 06.09.2017 das „Zweite Gesetz zur Stärkung der Verfahrensrechte von Beschuldigten im Strafverfahren und zur Änderung des Schöffenrechts“[2]  in Kraft trat, ging dabei etwas unter. Nachfolgend sollen die für die Polizei mit den Reformen einhergehenden wesentlichen Änderungen kurz dargestellt werden.

I. Das Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens

Das erste Änderungsgesetz hat in der Fachliteratur im Gegensatz zum zweiten Gesetz umfangreiche Beachtung gefunden und wurde dort hinreichend besprochen.[3]

Entscheidend für die polizeiliche Praxis sind zunächst die Änderungen im Bereich der Blutprobenentnahme. § 81 a Abs. 2 StPO wurde dahingehend ergänzt, dass für bestimmte im Gesetz genannte Straftaten die Anordnungskompetenz für die Blutprobenentnahme auch für Polizeibeamte besteht. Die Notwendigkeit der richterlichen Anordnung entfällt. Genannt sind hier unter anderem einige Verkehrsstraftaten, wie z.B. § 316 StGB.
Sofern andere Straftaten mitverwirklicht sind, kommt weiterhin ausschließlich § 81 a Abs. 2 S. 1 StPO zur Anwendung, eine entsprechende Anordnung durch Ermittlungspersonen wäre dann weiterhin nur bei einer Gefährdung des Ermittlungserfolges möglich.[4]

Nach bloß redaktionellen Änderungen im Bereich des § 81 e StPO zur molekulargenetischen Untersuchung sowie einer damit einhergehenden Klarstellung in Bezug auf den Begriff des Spurenmaterials, wurde § 81 h StPO zur Durchführung sog. DNA-Reihenuntersuchungen in seiner Rechtsfolge erweitert. Möglich ist auch die Verwertung von sog. Beinahe-Treffern, d.h. eine Untersuchung auf eine genetische Ähnlichkeit und dem sich daraus ergebenden Rückschluss auf einen möglichen Verwandten als Täter. Gerade diese Änderung ist erheblicher Kritik ausgesetzt, sind die Betroffenen doch zumindest moralisch zur Teilnahme verpflichtet, nun unter Inkaufnahme der möglichen Belastung eines nahen Angehörigen.[5]

Die Änderung des § 100 a Abs. 1 S. 2 StPO durch Aufnahme der sog. „Quellen-TKÜ“ sowie die Neugestaltung des § 100 b StPO als Ermächtigungsgrundlage zur Durchführung der sog. „Online-Durchsuchung“ dürften in dem Änderungsgesetz die größte Überraschung gewesen sein. Diese Maßnahmen waren aufgrund ihrer weitreichenden Rechtsfolgen insgesamt sehr umstritten und daher nicht im ursprünglichen Entwurf vorhanden. Sie wurden erst durch einen Änderungsentwurf in den laufenden Gesetzgebungsprozess eingebracht.[6]

Weiterhin haben sich für die polizeiliche Praxis relevante Änderungen im Bereich des Belehrungserfordernisses von Beschuldigten ergeben. § 136 Abs. 1 S. 3 StPO verpflichtet zu einem Hinweis auf die Kostentragungspflicht gem. § 465 StPO für den Fall einer Verurteilung.

II. Das zweite Gesetz zur Stärkung der Verfahrensrechte von Beschuldigten

Das zweite Änderungsgesetz setzt die Richtlinie 2013/48/EU vom 22.10.2013 um, die das Ziel der Schaffung gemeinsamer Mindeststandards innerhalb der Europäischen Union im Umgang mit Beschuldigten zum Ziel hat.[7]

Wesentlich ist hier eine weitere Änderung in § 136 StPO. § 136 Abs. 1 S. 3 StPO gestaltet den Hinweis auf die Möglichkeit der Konsultation eines Rechtsbeistandes neu. Dem Beschuldigten sind nunmehr Informationen zur Verfügung zu stellen, die die Kontaktaufnahme mit einem Verteidiger erleichtern. Ebenso wurde über § 163 a Abs. 4 S. 3 StPO ein Anwesenheitsrecht des Verteidigers bei der polizeilichen Vernehmung sowie über § 58 Abs. 2 StPO im Rahmen von Gegenüberstellungen geregelt.

III. Fazit

Bereits die hier dargestellt Kurzübersicht, die nicht alle Änderungen aufzeigt, verdeutlicht die Auswirkungen auf die polizeiliche Arbeit und die Notwendigkeit einer Vertiefung. Hierzu sei auf die Fußnoten verwiesen, insbesondere die Aufsätze von Prof. Dr. Anja Schiemann und Dr. Eren Basar.[8]

 

[1] BGBl I 2017, 3202.

[2] BGBl I 2017, 3295.

[3] Vgl. Schiemann, KriPoz 06/2017, 338 ff; Basar, KriPoZ 02/2017, 95 ff m.w.N.

[4] Burhoff, ZAP 2017, 1079, 1081; Schiemann, KriPoZ 06/2017, 338, 340.

[5] Vgl.  hierzu ausführlich: Singelnstein/Derin, NJW 2017, 2646, 2648.

[6] BT-Drs. 18/11277 vom 22.02.2017, Änderungsantrag vom 15.05.2017.

[7] BT-Drs., 18/9534, Seite 1.

[8] Online abrufbar unter: www.kripoz.de

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