Eine rechtliche Kurzdarstellung des Begriffs „Gefährliches Werkzeug“ aus §§ 224 und 244 StGB anhand von Praxisbeispielen mit Urteilsbezug

Problematik

Mit der Einführung des § 244 StGB I Nr. 1a 2.Alt. aus dem Jahr 1998 (6.StrRG), die ein bloßes Beisichführen eines „anderen gefährlichen Werkzeugs“ für eine Strafverschärfung des Diebstahls genügen lässt, hat auch in der Literatur und Rechtsprechung eine teils kontroverse Diskussion über diese Norm begonnen.
Gleichermaßen gilt diese Problematik auch für die Strafnormen §§ 249, 250 sowie 177 StGB – und weist somit eine nicht zu unterschätzende Tragweite auf.

Der Gesetzgeber hat bei seiner Begründung jedoch fälschlicherweise auf die Definition des gefährlichen Werkzeugs aus dem Bereich der Körperverletzung (§ 224 StGB) zurückgegriffen.
Die Legislative hielt es für konform, die von der Rechtsprechung geschaffene Definition und die damit einhergehenden Kriterien des gefährlichen Werkzeugs im Bereich der Körperverletzung analog auch für den Diebstahl mit Waffen aus § 244 StGB anwenden zu können (vgl. BT-Drucksache 13/9064,  S.18).
Dabei übersah man jedoch ganz offensichtlich, dass es einen gravierenden Unterschied zwischen diesen beiden Qualifikationstatbeständen gibt – bei der gefährlichen Körperverletzung steht das gefährliche Werkzeug eindeutig unter einem Verwendungsvorbehalt, was bedeutet, dass es bei der Tatbegehung konkret eingesetzt werden muss. Daran orientiert sich auch die Definition.
„Ein gefährliches Werkzeug im Sinne der Norm ist demnach jeder Gegenstand, der aufgrund seiner objektiven Beschaffenheit und nach Art seiner Verwendung im konkreten Einzelfall geeignet ist, erhebliche Verletzungen hervorzurufen“ (vgl. BGHSt 3, 109; 14, 152, 154; BGH).
Eine nun vom Gesetzgeber gewollte analoge Anwendung schließt jedoch schon der Gesetzeswortlaut ausdrücklich aus.
Beim Diebstahl mit Waffen genügt nämlich das bloße „Beisichführen“ eines „anderen gefährlichen Werkzeugs“, um die Qualifikation des Diebstahls gem. § 244 I Nr. 1a StGB zu erfüllen. Eine Anwendung der oben genannten höchstrichterlichen Definition scheidet somit aus, da die Übernahme der Kriterien aus § 224 StGB und somit ein Rückschluss von der Verwendung des Werkzeugs auf dessen Gefährlichkeit nicht möglich ist. (vgl. BGH NStZ 1999, 301, 302; BGH NJW 2002, 2889, 2890).
Die einzige Gemeinsamkeit liegt in der objektiven Beschaffenheit der Gegenstände. Bei beiden Strafnormen müssen die Gegenstände objektiv dazu geeignet sein, erhebliche Verletzungen hervorrufen zu können.
Da im Zweifel jedoch auch ein Bleistift objektiv geeignet ist, erhebliche Verletzungen zufügen zu können (bspw. durch einen Stich in das Auge), ist es erforderlich weitere Kriterien zur Definition des gefährlichen Werkzeugs im Sinne des § 244 StGB heranzuziehen, um eine erhöhte Pönalisierung der Delinquenten zu vermeiden (zur Erinnerung: §§ 249, 250 I Nr. 1a 2.Alt. ist ein Verbrechen mit Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren).

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