Ende der Besuchswoche von Tswi und Natali Herschel besuchte eine Delegation der Niedersächsischen Polizei, angeführt von LPD Ralf Leopold, DirPA Carsten Rose und PP Johann Kühme sowie 20 Studierenden der Polizeiakademie Niedersachsen die Gedenkstätte Bergen-Belsen.

Vor der Gedenkmauer hielt Natali Herschel nachfolgende Gedenkrede:

Gemeinsam mit meinem Vater, Tswi Herschel, der den Holocaust überlebt hat, stehe ich hier vor ihnen, um meine Urgroßeltern Herman Herschel, Bernard Weijel und Rebecca Weijel-Falk, meine Großeltern Nico Herschel und Ammy Herschel-Weijel und meinen einzigen Großonkel Joseef Weijel zu ehren, deren Leben in den Vernichtungslagern der Nazis auf brutale Weise beendet worden ist.

Darüber hinaus möchte ich meine Großmutter mütterlicherseits, Paula Thaler-Pinkus, ehren, die Auschwitz nur knapp überlebt hat. Sie hat sich leider das Leben genommen, weil sie mit den Traumata infolge der Schrecken, die sie während der Shoah erlebt hat, nicht zurechtkam. Möge meine Familie in ehrenvoller Erinnerung bleiben, Zechronam Levracha.

Der Besuch von Bergen-Belsen hat eine tiefere Bedeutung als die, den verstorbenen und ermordeten, unschuldigen Menschen Respekt zu zollen, oder der Jüdinnen und Juden zu gedenken, die vielleicht physisch überlebt haben, aber emotional in diesem Lager oder einem anderen Konzentrationslager zerstört wurden, oder etwas über die Schrecken des Holocaust zu erfahren.

Darüber hinaus – und das ist angesichts des heute stark zunehmenden Judenhasses noch wichtiger – geht es darum, das Bewusstsein für die Gefahren von Antisemitismus, Rassismus, Hass und Intoleranz aufrechtzuerhalten und zu schärfen. Diese haben nicht nur in der Vergangenheit, sondern auch in der heutigen Gesellschaft zu blindem Hass und kaltblütigem Mord geführt.

Auch wenn Bergen-Belsen kein Vernichtungslager war, da man hier keine aktive Tötung betrieben hat, wurde es dennoch als Todeslager betrachtet, da die Todesrate der Insassen aufgrund des organisierten, absichtlichen Vernachlässigens und Verhungern-Lassens besonders in den letzten Monaten seines Bestehens hoch war.

Bei der Befreiung von Bergen-Belsen hat man in diesem Lager über 50.000 kranke und dem Tod überlassene Menschen sowie 10.000 unbestattete Leichen vorgefunden, die in verschiedenen Stadien der Verwesung auf dem Lagergelände verstreut lagen. Bergen-Belsen, ein Ort, an dem sich unvorstellbar unmenschliche Gräueltaten ereignet haben, ist zu einer historischen Stätte geworden. Nicht nur zu einem Gedenkort, sondern auch zu einem Mahnmal, um eine Wiederholung des Holocaust zu verhindern.

Von dem Moment an, als Bergen-Belsen zu einem Ort des Grauens geworden ist, sind hier bis heute hin Millionen von Tränen geflossen. Tränen, die nicht nur von unschuldigen Häftlingen vergossen wurden, sondern auch von denjenigen, die hier ihre Familienangehörigen verloren haben, und von schockierten Besucherinnen und Besuchern.

Die Traumata sind vergangen, aber nicht vergessen, die Schmerzen sind tief in die Seelen eingegraben, die Erinnerungen werden verdrängt, die Wunden sind verheilt, haben aber tiefe Ängste hinterlassen, und auf diese Weise sind sie Realitäten der Shoah Geschichte geworden. Fast 80 Jahre nach der Befreiung von Bergen-Belsen sind nur noch wenige Spuren der Gräueltaten von Bergen-Belsen zu sehen. Dennoch besteht die Pflicht, sich damit immer wieder auseinanderzusetzen und die Erinnerung wachzuhalten. Wir sollten aus den Gräueltaten in den Konzentrationslagern lernen, sie sollten eine Mahnung sein, dass sich Geschichte nicht wiederholen darf.

Nie wieder!

Wir danken ihnen für Ihr Kommen und für Ihre Unterstützung unserer Mission.

Natali Herschel MSc.

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