Der 9. November ist ein Schicksalstag in der deutschen Geschichte: Ausrufung der Republik 1918, Mauerfall 1989, Hitlerputsch 1923 und vor allem die Reichspogromnacht 1938. Mit einer besonderen Veranstaltung wurde am Studienort Hann. Münden an diesen dunklen Tag erinnert.
Am 8. November fand zuvor im Landtag eine Gedenkstunde statt, zu der 20 Polizeikommissaranwärterinnen und -anwärter sowie Demokratiepatin und Dozentin im Studiengebiet Rechtswissenschaften, Aylin Akbulut, eingeladen wurden. Carsten Rose als Direktor der Polizeiakademie Niedersachsen, Andrea Marquardt als seine Vertreterin nahmen ebenso an der Feierstunde teil wie Dr. Dirk Götting, Leiter der Forschungsstelle für Polizei- und Demokratiegeschichte der Polizeiakademie.
Nachdem die Landtagspräsidentin Hanna Naber die Gedenkstunde mit einer Rede eröffnete und ein Musikstück vorgetragen wurde, hielt der 98-jährige Holocaust-Überlebende Dr. Leon Weintraub eine bewegende Rede über seine Erlebnisse als Kind während der NS-Zeit. Er überlebte die Judenverfolgung, das Lodz-Getto, Auschwitz-Birkenau, weitere Lager und Todesmärsche. Nach dem Krieg studierte er in Göttingen Medizin, lebte in Polen und emigrierte in den 1960er Jahren nach Schweden.
Dr. Weintraub richtete sich sprachlich besonders an die AfD und schenkte ihnen seine Biografie „Die Versöhnung mit dem Bösen“. Er hoffe, „dass das Werk zu anderen Gedankengängen führe und die AfD sich dies zu Herzen nehme“.
Für seine bewegende Rede bekam Dr. Weintraub, der aus Schweden angereist war, anhaltenden Applaus aller Fraktionen und Gäste. Auf den Tribünen saßen neben Vertreterinnen und Vertretern jüdischer Gemeinden in Niedersachsen zahlreiche Schülerinnen und Schüler verschiedenster Altersstufen.
Am Folgetag, dem 9. November besuchte Dr. Weintraub mit seiner Frau Evamaria Hann. Münden. Evamaria Weintraub verbrachte einen Teil ihrer Jugend in der Drei-Flüsse-Stadt.
Auch am Studienort Hann. Münden warnte Dr. Weintraub im Kreise zahlreicher Gäste, darunter Axel Brockmann, Präsident des Landespolizeipräsidiums, und Prof. Dr. Gerhard Wegner, Landesbeauftragter gegen Antisemitismus, eindringlich vor Rassismus, Antisemitismus sowie Hass und forderte die junge Generation zur Wachsamkeit und zum Einsatz für Demokratie und Menschenrechte auf: „Das Schlimmste, was man den Ermordeten antun kann, ist das Vergessen.“ Die Veranstaltung wurde durch den Pianisten Roland Vossebrecker musikalisch untermalt.
Direktor Carsten Rose betonte abschließend die Bedeutung des Tages: „Das Menschheitsverbrechen der Shoah müssen wir uns immer wieder ins Gedächtnis rufen. Denn auch polizeiliches Handeln hat im Nationalsozialismus dazu beigetragen, die Shoah überhaupt erst zu ermöglichen.“
Der Verein der Freunde der Polizeiakademie Niedersachsen förderte die Veranstaltung am Studienort in Hann. Münden.

Von Andrea Marquardt

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