Mein Name ist Dana Kiewel und am 30.09.2022 habe ich erfolgreich mein Studium an der Polizeiakademie Niedersachsen abgeschlossen. Seit dem 01.10.2022 bin ich demnach Polizeikommissarin.

Bereits im Juni 2022 habe ich mich auf ein ERASMUS+-Praktikum beworben und wurde glücklicherweise von den dem Dezernat 01 – Internationale Zusammenarbeit als Kandidatin auserwählt und habe eine Direktzusage für das Stipendium erhalten.

Anschließend wurde in den Ländern der Europäischen Union angefragt, ob dort Plätze für ein ERASMUS-Aufenthalt zur Verfügung stehen. Im August 2022 konnte ich mich in Absprache mit Frau Folke Müller und Herrn Dr. Sebastian Knospe für ein Land entscheiden und meine Wahl ist auf Estland gefallen. Für mich war es sehr interessant, in einem Land zu arbeiten, über das ich nicht viele Informationen hatte und wo möglicherweise Unterschiede in der Arbeitsweise zu der deutschen Polizei bestehen.

Nachdem alle Vorbereitungen abgeschlossen waren, ging es für mich am Tag nach der Ernennung nach Tallinn, Estland. Dort bezog ich ein Doppelzimmer an der Sisekaitseakadeemia, welches die größte Polizeiakademie des Landes ist. Vor Ort lernte ich viele andere Erasmus-Studierende kennen und habe so reichlich über die Polizeiarbeit in den verschiedenen Ländern erfahren.

In Tallinn habe ich hauptsächlich im Einsatz- und Streifendienst der Ida-Harju Polizeistation gearbeitet. Darüber hinaus habe ich ebenfalls eine Woche den dortigen Ermittlungsdienst näher kennengelernt und eine Woche in der Stadt Narva an der russischen Grenze meinen Dienst am Border Crossing Point versehen.

Zunächst war ich sehr überrascht von der modernen technischen Ausstattung der estnischen Polizei. Diese verfügt über ein Tablet und Tastatur in jedem Streifenwagen, über die Einsätze abgerufen und in Kurzform verschriftlicht werden können. Lediglich im Rahmen von Ladendiebstählen, Drogenfunden, Fahren unter Einfluss oder anderen ähnlich gelagerten Straftaten müssen Berichte auf der Dienststelle angefertigt werden.

Über dieses Tablet kann zudem eine Karte mit allen aktuellen Einsätzen und Positionen der Streifenwagen gezeigt und jegliche Abfragen zu Personen und Fahrzeugen durchgeführt werden. Es besteht zudem die Möglichkeit, die abgefragten Personen mit dem Vorgang zu verknüpfen, sodass keine Personalien in das System eingepflegt werden müssen. Dies spart Zeit und vermindert Fehler.

Die Einsätze sind in verschiedene Prioritäten aufgeteilt. Alpha-Einsätze (gelb) haben eine geringe, Bravo-Einsätze (orange) eine höhere und Charly-Einsätze (rot) eine sehr hohe Dringlichkeit. Bravo und Charly werden in der Regel immer als Einsatzfahrt gehandhabt.

In Estland werden zudem alle öffentlichen Räume durch Kameras videoüberwacht. So können beispielsweise bei Verkehrsunfällen die Verursacher ermittelt sowie die Fluchtroute von Tätern nachvollzogen werden.

In den größeren Mercedes-Vans der Polizei befinden sich außerdem Ein-Mann-Zellen, welche über die Heckklappe zu erreichen sind. Die Zelle ist mit einer weiteren Tür gesondert gesichert. So können Personen sicher und effizient transportiert werden. Über eine Kamera mit Monitor können die Personen stets im vorderen Teil des Fahrzeugs beobachtet werden.

Durch meine ERASMUS+-Teilnahme hatte ich die Möglichkeit, meine Sprachkenntnisse im Englischen zu verbessern sowie einige Worte der estnischen und russischen Sprache zu erlernen. Zudem habe ich durch meinen Aufenthalt in Estland die dortigen Arbeitsweisen und Organisationen gut kennenlernen und viele Vergleiche zu der deutschen Polizei ziehen können. Durch diesen Vergleich wurde mir verdeutlicht, welche Bereiche der deutschen Polizei besonders positiv hervorzuheben sind und welche Bereiche verbessert werden könnten.

Auch meine interkulturellen Kompetenzen konnte ich hier erweitern und ebenso eine Verbindung zwischen der niedersächsischen Polizei und Estland schaffen. Ich erhoffe mir sehr, dass ich auch noch in Zukunft mit den hier geknüpften Kontakten weiterhin in Verbindung bleiben werde.

Insgesamt habe ich durch die Möglichkeit des ERASMUS+-Aufenthaltes viele neue Erfahrungen sammeln dürfen und hatte eine wirklich einmalige Gelegenheit, die Polizeiarbeit eines anderen Landes hautnah miterleben zu können. Ich wurde von allen Kolleginnen und Kollegen sehr herzlich empfangen und sie alle waren wirklich sehr hilfsbereit, meinen Aufenthalt so interessant und angenehm wie möglich zu gestalten.

Ich kann jedem eine Teilnahme am ERASMUS+-Programm sehr ans Herz legen. Dies ist eine außergewöhnliche Erfahrung, die nicht viele Polizeibeamtinnen und -beamten machen können und die Möglichkeit der persönlichen und beruflichen Weiterentwicklung mit sich bringt. Durch die neuen Erkenntnisse werde ich mit einem anderen Blickwinkel in meinen Polizeidienst in Niedersachsen starten und kann hoffentlich viele positive in Estland erlernte Impulse mitnehmen.

(Kiewel)

Vorheriger Beitrag

Erste Blaulichtfete nach Corona für Nienburger Studierende

Nächster Beitrag

ERASMUS+ ERFAHRUNGSBERICHT ÜBER LUZERN, SCHWEIZ